Liesbesqual

Ist dieses nun das süsse Wesen
Nach dem mich so verlanget hat?
Ist dieses der gesunde Rat,
Ohn den ich konnte nicht genesen,
Und ist dies meiner Wehmut Frucht,
Die ich so emsig aufgesucht?

 Wie unwerwirrt ist doch ein Herze,
Das nicht mehr als sich selbst nur kennt,
Von keiner Fremde Flamme brennt,
Selbst seine Lust ist, selbst sein Schmerzen.
Seit dass ich nicht mehr meine bin,
So ist mein ganzes Glücke hin.

 Ich schlaf, ich träume bei dem Wachen,
Ich Ruhe und habe keine Ruh.
Ich tu und weiss nicht, was ich tu;
Ich weine mitten in dem Lachen.
Ich denk, ich mache dies und das;
Ich schweig, ich red und weiss nicht was.

 Die Sonne scheint für mich nicht helle,
Mich kühlt die Glut, mich brennt das Eis.
Ich weiss und weiss nicht, was ich weiss,
Die Nacht tritt an des Tages Stelle.
Itzt bin ich dort, itzt da, itzt hier.
Ich folg und fiehe sebst vor mir.

 Wie wird mir’s doch noch endlich gehen?
Ich wohne nunmehr nicht in mir.
Mein Schein nur ist es, den ihr hier
In meinem Bilde sehet stehen.
Ich bin nun nicht mehr selber ich.
Ach Liebe, wozu bringst du mich!

 

Paul Flemming