An die Liebliche

Ich denke dein beim Strahl der Morgenröte
Und wenn des Mittags heisse Glut erwacht.

Ich denke dein beim Klang der Abendflöte,
Ich denke dein im Sternensaal der Nacht!

 Es schwebt dein Bild in lieblichen Konturen
Mir süsser Pracht in meiner Phantasie,

Und auf des Liedes zartgewebtenh Spuren
Erkenn ich deines Namens Melodie.

 Ich glaube an dich! – Mir dies Gefühl zu rauben
Vermag die Zeit nicht, nicht der Neid der Welt!

Ich glaub an dich und will dir ewig glauben,
Und wenn im Leben alles steigt und fällt.

Die Liebe hat mein kühnes Herz bezwungen,
Und meines Lebens Frühling ist erwacht,

Und was melodisch meine Brust durchklungen,
Das lichtet herrlich meines Strebens Nacht.

Tief in den Seelen keimen schöne Triebe,
Sie welken nie, sie sind kein Raub der Zeit.

Ach, nur ein Herz voll Glauben, Treu und Liebe
Fühlt dieser Erde höchste Seligkeit.

Wer darf der Liebe heil’ge Kraft ermessen,
Die alle Schranken kühn und mutig bricht? –

Ich liebe dich! – Nie kann ich dich vergessen! -
Drum denk’auch meiner und vergiss mich nicht!

 Theodor Körner